Industrie 4.0: Startzusammensetzung (Teil 2/4)
Wie man «Value Investing» auf den Technologiesektor übertragen kann, veranschaulicht Thomas Rappold. Er ist anerkannter Experte des Bereiches «Technology Investing» und fungiert als Investment Advisor für den Industry 4.0 Performance-Index.
In diesem Zusammenhang hat er die Selektionskriterien des bewährten Anlagestiles «Value Investing» auf den Technologiesektor übertragen und bei der Analyse folgende Aspekte berücksichtigt:
- Eintrittsbarriere
- Marktwachstum
- Managementqualität
- Internationalität
Die Aktien der folgenden Unternehmen sind in der Startzusammensetzung des Industry 4.0 Performance-Index vertreten.
Inhaltsverzeichnis:
DÜRR AG
Eintrittsbarrieren
Der Dürr-Konzern ist der weltweit führende Hersteller von Lackierrobotern und Lackierautomatisierungslösungen für die Automobilindustrie. Produkte, Systeme und Services von Dürr ermöglichen hocheffiziente Fertigungsprozesse in unterschiedlichen Industrien. Rund 60% des Umsatzes entfallen auf das Geschäft mit Automobilherstellern und -zulieferern. Weitere Abnehmerbranchen sind zum Beispiel der Maschinenbau, die Chemie- und Pharmaindustrie und – seit der Übernahme der HOMAG Group AG im Oktober 2014 – die Holz bearbeitende Industrie. Dürr untermauert seine Stellung als Technologieführer mit über 4000 Patenten.
Marktwachstum
Dürr plant, die Umsatzerlöse inklusive eventueller Zukäufe bis 2020 von aktuell EUR 3.7 Mrd. auf bis zu EUR 5 Mrd. zu steigern. Zuletzt hatte das Unternehmen die Übernahme von HOMAG, dem weltweit führenden Hersteller von Holzbearbeitungsmaschinen und -anlagen, vollzogen. Der hohe Cashflow von Dürr soll für weitere Zukäufe attraktiver mittelständischer Unternehmen aus den Bereichen Anlagenbau, Automatisierungslösungen und Messtechnik in vielversprechenden Nischensegmenten genutzt werden. Innovative Produkte wie kollaborative Roboter für den Mensch-Roboter-Einsatz in der Automobilindustrie sowie ein massiver Ausbau des lukrativen Servicegeschäftes sollen für weiteres Wachstum sorgen.
Qualität des Managements
Dürr blickt auf eine mehr als 100-jährige Unternehmensgeschichte zurück und hat als Ankeraktionär nach wie vor die Familie Dürr, die über den Aufsichtsrat auch die Geschicke des Unternehmens lenkt. Mit Ralf W. Dieter und Ralph Heuwing als CEO und CFO besitzt Dürr ein Shareholder-Value- und kundenorientiertes Vorstandsteam mit viel Erfahrung. Das Unternehmen ist solide finanziert und verfügt über einen hohen Cash-Zufluss, der für additive Zukäufe wie im Falle HOMAG genutzt werden kann. Untermauert werden die Finanzkennzahlen mit einer ROCE-Marge von über 30%.
Internationalität des Geschäftes
Dürr hat seinen Unternehmenssitz in Bietigheim-Bissingen (Deutschland) und ist in 28 Ländern weltweit direkt vertreten. Ein starker Fokus liegt auf den Emerging Markets, in denen die Mitarbeiterzahl zwischen 2005 und 2014 von 860 auf 2900 erhöht wurde (jährliches Wachstum von 10%). Dies war verbunden mit einer überproportionalen Zunahme der eingehenden Bestellungen von EUR 328 Mio. auf EUR 1300 Mio. (jährliche Steigerung von 16.5%). Die Präsenz in Südostasien soll durch neue Testcenter in China und Japan ausgebaut werden, um somit noch mehr lokale Marktnähe zu erlangen.
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BERTRANDT AG
Eintrittsbarrieren
Der Bertrandt-Konzern bietet seit über 40 Jahren Entwicklungslösungen für die internationale Automobil- und Luftfahrtindustrie in Europa, China und den USA. Zu den Hauptkunden zählen die grossen Hersteller sowie zahlreiche Systemlieferanten. Das Unternehmen profitiert als einer der führenden Ingenieurdienstleister von den Wachstumsmärkten in der Automobil-, Maschinen- und Anlagenbauindustrie. Porsche ist mit knapp 29% grösster Aktionär, gefolgt vom Automobilzulieferer Boysen.
Marktwachstum
Die weltweiten F&E-Ausgaben in der Automobilindustrie belaufen sich auf EUR 100 Mrd., Deutschland alleine steht für EUR 34 Mrd. Das globale Marktvolumen für die Fremdvergabe im Automobilbereich wird von EUR 8.8 Mrd. (2014) auf EUR 12.3 Mrd. (2020) steigen. Wesentliche Wachstumstreiber im Automobilbereich sind für Bertrandt die zunehmende Modell- und Variantenvielfalt, umweltfreundliche Mobilität sowie die Vernetzung. Bis 2020 wird sich der Wertschöpfungsanteil digitaler Produkte bei Fahrzeugen von 35% auf 50% erhöhen.
Bertrandt peilt ein kurz- und mittelfristiges Umsatzwachstum von 7% bis 10% sowie eine Steigerung des operativen Ergebnisses von 8% bis 10.5% pro Jahr an.
Qualität des Managements
Das Management der Bertrandt AG verfolgt einen klugen Ausgleich zwischen Aktionärs- und Unternehmensinteressen. Die Dividende pro Aktie stieg von EUR 1.70 im Jahr 2010/11 auf zuletzt EUR 2.45 in 2014/15. Im gleichen Zeitraum wurden aus dem Cashflow die Investitionen von EUR 31.8 Mio. auf EUR 84.9 Mio. hochgefahren und die betreffenden Mittel in ein Erprobungszentrum für die Elektromobilität, Antriebe, Motorkomponenten und Umweltsimulationen sowie ein Prüfzentrum für Fahrzeugsicherheit gesteckt.
Internationalität des Geschäftes
Bertrandt hat seinen Unternehmenssitz in Ehningen (Deutschland). Als Ingenieurdienstleister ist die Bertrandt AG auf den für die Automobilindustrie wichtigsten drei Kontinenten USA, Europa und Asien vertreten: in Europa unter anderem in Deutschland, UK, Spanien, Frankreich und Ungarn; daneben in den USA, der Türkei und China.
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INDUS HOLDING AG
Eintrittsbarrieren
INDUS ist der führende Spezialist für nachhaltige Unternehmensbeteiligung und -entwicklung im deutschsprachigen Mittelstand. Er erwirbt überwiegend inhabergeführte Gesellschaften und unterstützt sie mit einer langfristigen Ausrichtung in ihrer unternehmerischen Entwicklung. Die Unternehmen agieren operativ selbstständig und bewahren damit ihre mittelständische Identität. INDUS ist breit aufgestellt und verfügt im Portfolio über Unternehmen aus den Bereichen Bau/Infrastruktur, Fahrzeugtechnik, Maschinen- und Anlagenbau, Medizin- und Gesundheitstechnik sowie Metalltechnik.
Marktwachstum
INDUS wächst in den einzelnen Unternehmen organisch und strategisch durch Akquisitionen. Mit der Wachstumsstrategie «Kompass 2020» verfolgt INDUS Zukäufe auf erster und zweiter Ebene. Strategisch werden vermehrt Unternehmen aus den Bereichen Medizintechnik und Automatisierungstechnik, die stärkeres Wachstum und höhere Margen versprechen, zugekauft. INDUS profitiert aktuell vom Bauboom in Deutschland, was sich positiv auf das Segment Bau/Infrastruktur auswirkt.
Qualität des Managements
Das erfahrene Management von INDUS verfolgt eine ausgewogene Politik für Aktionäre, Unternehmen und Banken. Die Dividende stieg pro Aktie von 2010 bis 2014 von EUR 0.90 auf EUR 1.20. Aufgrund der nachhaltigen Dividendenpolitik von INDUS erfolgt eine Ausschüttung von rund 50% des Bilanzgewinns. Die Eigenkapitalquote liegt bei soliden 40%. Die zugekauften mittelständischen Unternehmen kommen meist aus Familienbesitz und die bisherigen Inhaber bleiben am Unternehmen beteiligt und führen dieses fort. Das INDUS-Management verfolgt dabei die Politik «Buy & hold & let develop».
Internationalität des Geschäftes
INDUS hat seinen Sitz in Bergisch Gladbach (Deutschland). Das Unternehmen verlässt sich nicht allein auf Europa, sondern konzentriert sich auch auf die aussereuropäischen Wachstumsmärkte (Asien, Amerika). Aktuell ist INDUS mit Vertriebs- und Produktionsstandorten in 23 Ländern vertreten. Im INDUS-Gruppenverbund können für die einzelnen Portfoliounternehmen die internationalen Märkte durch gemeinsame Vertriebsniederlassungen kostengünstig erschlossen werden. Durch lokale Fertigung in China kann die Belieferung des asiatischen Marktes direkt von vor Ort erfolgen. Mit der Niederlassung in Dubai wird der steigenden Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Produkten im boomenden Bausektor im Mittleren Osten Rechnung getragen. In Indien entsteht ebenfalls eine Vertriebsrepräsentanz.
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FANUC CORP.
Eintrittsbarrieren
Seit der Gründung im Jahr 1956 durch Dr. Seiuemon Inaba, einem Pionier für numerische Steuerung (NC), ist FANUC global führend auf dem Gebiet der Fertigungstechnik. Mit der ersten numerischen Steuerung eines elektrischen Impulsmotors in einer Werkzeugmaschine hat Dr. Inaba einen wesentlichen Grundstein für die moderne Automatisierung kompletter Produktionslinien gelegt. FANUC ist mit weltweit über 2.4 Millionen installierten CNC-Steuerungen und 250’000 Robotern (2015) internationaler Marktführer in der Robotik und Fabrikautomation.
Marktwachstum
Mit mehr als 100 Modellen bietet FANUC das international grösste Sortiment an Robotern für verschiedenste Applikationen und Branchen. Dank anwendungsspezifischer Optionen sind FANUC-Industrieroboter flexibel einsetzbar, einfach zu integrieren und lassen sich intuitiv bedienen. FANUC setzt mit der Modellreihe CR-35iA auch auf den Trend hin zu kollaborativen Robotern, die ohne Umzäunung auskommen und direkt mit Menschen zusammenarbeiten. Laut dem Weltverband International Federation of Robotics (IFR) ist China seit drei Jahren der weltweit grösste Robotermarkt. Das Potenzial ist noch gewaltig: Werden in China aktuell pro 10’000 Beschäftigte erst 281 Roboter eingesetzt, sind es in Deutschland bereits 1140 und in Japan sogar 1520.
Qualität des Managements
FANUC steht für Kontinuität: Der Gründer Dr. Seiuemon Inaba ist nach wie vor im Unternehmen und fungiert als dessen Ehrenvorsitzender. Der CEO Dr. Yoshiharu Inaba leitet das Unternehmen seit 1983. Das Forbes Magazine führt FANUC seit 2011 in seiner Liste der 100 weltweit innovativsten Unternehmen. Aktuell liegt FANUC auf Rang 26. Das Management hat erst kürzlich ein Aktienrückkaufprogramm im Umfang von einer Million Aktien beschlossen.
Internationalität des Geschäftes
FANUC hat seinen Unternehmenssitz in Oshino (Japan) und verfügt weltweit über 210 Niederlassungen in 41 Ländern. Weitere FANUC-Unternehmen in Ost- und Südasien werden teilweise als Joint Venture mit einheimischen Unternehmen geführt. FANUC ist schwerpunktmässig in den Kernmärkten der Automobilproduktion USA, Europa, Japan und China unterwegs.
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TERADYNE INC.
Eintrittsbarrieren
Teradyne ist einer der weltweit führenden Hersteller von Test- und Automationssystemen für die Produktion von Halbleitern, Mobilkommunikationslösungen, Mikroprozessoren und Chipsets.
2015 erzielte Teradyne Umsätze in Höhe von USD 1.64 Mrd. Das Unternehmen nutzt seine führende Position und die hohen Mittelzuflüsse für gezielte Übernahmen. Mit Universal Robots akquirierte Teradyne ein marktführendes dänisches Robotikunternehmen, das sogenannte kollaborative Roboter mit Low-Cost-Komponenten herstellt. Kollaborative Roboter sind für die Zusammenarbeit mit Menschen geeignet. Das Zusammenspiel der Produktpalette von Teradyne und Universal Robots schafft weitere Synergien im Bereich der Produktionsautomatisierung.
Marktwachstum
Das Segment Industrieautomation von Teradyne soll in den nächsten Jahren mit Raten von 50% plus wachsen. Herzstück ist die Universal-Robots-Akquisition. Von deren kollaborativen Robotern wurden über 4000 Stück verkauft. Aktuell erzielt der Bereich einen Umsatz von knapp USD 40 Mio. Geplant sind Wachstumsraten von 35% pro Jahr. Charakteristika des Low-Cost-Roboters von Universal Robots sind einfaches Programmieren, ein schnelles Set-up und damit eine sehr rasche Amortisation der Investition.
Qualität des Managements
Das Management verfolgt eine attraktive Shareholder-Value-Politik und nutzt die hohen Cash-Zuflüsse geschickt für strategische Zukäufe wie dem von Universal Robots sowie für ein USD 100–200 Mio. schweres Aktienrückkaufprogramm und Dividendenzahlungen in Höhe von USD 50 Mio. Teradyne kann sich dies bei einer Liquidität von USD 1 Mrd. und einem freien Cashflow von über USD 300 Mio. leisten.
Internationalität des Geschäftes
Teradyne hat seinen Sitz in Boston (USA). Das Unternehmen agiert auf den drei grossen Halbleiterweltmärkten USA, Europa und Asien. In Deutschland werden die Geschäfte von München aus geführt und Kunden wie Infineon, AMD und Micronas betreut.
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21.09.2023 10:50:56