Facebook’s eigene Kryptowährung «GlobalCoin» steht in den Startlöchern
Dienstag, 28. Mai 2019Lesezeit: 4 Minuten
Facebook entwickelt derzeit eine eigene Kryptowährung namens «GlobalCoin» auf einer privaten Blockchain. Diese soll im nächsten Jahr
mithilfe der eigens gegründeten Finanztech-Firma «Libra» veröffentlicht werden.
Um sich ein eigenes Kryptozahlungsnetzwerk aufzubauen, soll der CEO Mark
Zuckerberg bereits mit einigen Konzernen und Kryptobörsen in Kontakt stehen.
Facebook plant die Markteinführung
eines digitalen Zahlungssystems mit seiner eigenen Kryptowährung namens «GlobalCoin» – und zwar auf der Basis der Blockchain-Technologie, die durch Bitcoin
bekannt wurde. Ob das auch der endgültige Name sein wird, oder ob sie
vielleicht Facebook-Coin heissen wird, ist noch nicht bekannt. Berichten zufolge
plant Facebook, seine Kryptowährung bis zum ersten Quartal des kommenden Jahres
in ein Dutzend Ländern einzuführen. Der Konzern will dabei seine
Messaging-Infrastruktur umstellen und seine drei Apps - WhatsApp, Messenger und
Instagram - unter einem Dach zusammenführen. Dadurch könnte die Kryptowährung
jeden Monat potenziell insgesamt 2.7 Mrd. Nutzer erreichen. Facebook wird
voraussichtlich in diesem Sommer die Pläne detaillierter vorstellen.
Facebook in
Gesprächen mit Unternehmen zur Einführung der GlobalCoin
Der Social-Media-Riese hat laut
Financial Times Gespräche mit mindestens zwei Kryptowährungsbörsen, Coinbase
und Gemini, geführt, durch die Benutzer ihre Coins sicher aufbewahren oder den
Facebook-Coin in andere Kryptowährungen oder Fiat-Währungen umtauschen könnten.
Während Coinbase eine der beliebtesten Kryptobörsen ist, ist Gemini, das von
den Winkelvoss-Zwillingen gegründet wurde, durch seine Verbindungen zu den
Aufsichtsbehörden bekannt. Sie hat die Genehmigung, als Treuhandgesellschaft
nach New Yorker Bankengesetz zu fungieren und war im vergangenen Jahr eines der
ersten beiden Unternehmen, das die Genehmigung der staatlichen
Aufsichtsbehörden zur Einführung einer an den US-Dollar gebundenen digitalen
Währung, den Gemini-Dollar, erhalten hat. Die Zwillinge und Facebook CEO Mark Zuckerberg gelten gemeinhin nicht als Freunde, nachdem sie ihn unter dem Vorwurf verklagten, dieser habe die Idee zu Facebook von ihnen gestohlen. Der Rechtsstreit endete
mit einer Vergleichszahlung von Zuckerberg an die Zwillinge von 65 Mio. US-Dollar.
Marktgerüchten zu Folge soll Facebook zudem versucht haben, von Visa und MasterCard eine Unterstützung
in Höhe von umgerechnet ca. 900 Mio. Euro für das Projekt zu erhalten. Facebook sei auch in Gesprächen mit Geldtransferunternehmen, wie Western Union, da sie
nach günstigeren und schnelleren Wegen suchen, um Geld für Menschen zu senden und zu empfangen, die keinen Zugang zu Bankdienstleistungen haben. Auch mit
Banken wird gesprochen. Die Firma stehe zudem mit einigen Online-Händlern in
Kontakt, um die Währung als Zahlung gegen niedrigere Transaktionsgebühren zu
akzeptieren. Doch die Unternehmen äussern sich dazu noch nicht.
Laut BBC spricht der Facebook-Gründer zudem
bereits mit Notenbankern über seine Währungspläne und hat sich bereits zu
Gesprächen mit dem britischen Notenbankchef, Mark Carney, getroffen. Mit Carney
habe er die Chancen und Risiken hinsichtlich der Einführung der Kryptowährung
diskutiert. Facebook stehe auch in Kontakt mit dem US-Finanzministerium, um
regulatorische Fragen zu klären - insbesondere in Bezug auf Identitätsprüfungen
und die Minderung von Geldwäschereirisiken.
Facebook baut
grosses und offenes Kryptozahlungsnetzwerk auf
Schenkt man den Gerüchten Glauben, könnte einiges dafür sprechen, dass aus den sozialen
Netzwerken Facebook, Instagram und WhatsApp durch das Kryptowährungsprojekt
auch monetäre Netzwerke geschaffen werden sollen, quasi um eine eigene «Volkswirtschaft» zu
entwerfen. Zuckerberg glaube, es sollte genauso einfach sein, Geld an jemanden
zu senden wie ein Foto zu schicken. Facebook könnte dabei eine digitale Währung
schaffen, die erschwingliche und sichere Zahlungsmöglichkeiten bietet,
unabhängig davon, ob die Nutzer ein Bankkonto haben. Der Konzern hofft,
bestehende Netzwerke so zu stören, indem er finanzielle Barrieren beseitigen,
mit Banken konkurrieren und die Verbraucherkosten senken will. Die
Blockchain-Technologie kann dazu beitragen, den Zeit- und Kostenaufwand für den
grenzüberschreitenden Geldverkehr zu reduzieren, indem sie Banknetze umgeht.
Zentralbanken könnten irrelevant werden, wenn die Menschen beginnen, digitale
Währungen zu verwenden. Mithilfe der eigenen Währung will man zudem Händler und
Werbekunden enger an die Plattformen binden. Die Aktion darf man also auch als
Attacke auf Google (Werbegeschäft) und Amazon (Handel) sehen. Globalcoin soll
dabei «grösser und offener» sein und möchte viel mehr bieten, als nur
eine Zahlungsmethode für Einkäufe auf Facebook. Das Projekt könnte daher eines
der bedeutendsten Ereignisse in der noch jungen Geschichte der Kryptowährungen sein.
Facebook
gründet Tochterfirma «Libra Networks LLC» in Genf
Damit Geld der User in die
Facebook-Währung fliessen kann, braucht es eine eigene Firma, die diese
Zahlungen abwickelt. Und um ein solches Kryptozahlungsnetzwerk zu realisieren,
muss das Unternehmen mit Banken und Brokern weltweit zusammenarbeiten, um Zugang
zu Währungsumtauschdiensten zu erhalten. Das sei auch der Hintergrund, warum
das Unternehmen eine neue Fintech-Firma namens «Libra Networks LLC»
gegründet habe. Diese wurde Anfang Mai in Genf registriert. Sie soll
insbesondere Dienstleistungen im Bereich Finanzen und aufkommende Technologien
anbieten, darunter Zahlungen, Finanzierung, Identitätsmanagement, Datenanalyse,
Big Data, Blockchain und andere, berichtet der Cointelegraph. Mit einem neu
gegründeten Unternehmen dürfte Facebook seine Pläne für das
Facebook-Bezahlsystem konkretisieren.
GlobalCoin wird
als «Stablecoin» auf privater Blockchain veröffentlicht
Facebook will jedoch keine Währung
anstreben, die im Wert stark schwankt, wie das bei Bitcoin der Fall ist. Denn
der Verbraucher möchte nicht mit einer Währung bezahlen müssen, die ständig auf
und ab geht. Es wird daher erwartet, dass der GlobalCoin als «Stablecoin»
veröffentlicht wird, der an den US-Dollar oder an die lokalen Währungen in den
jeweiligen Ländern gebunden ist, um Volatilität und Spekulationen zu vermeiden.
Um sicherzustellen, dass seine neue digitale Währung, die mit dem Wert des
Dollars verbunden ist, liquide und handelbar ist, hat Facebook mit Jump und
DRW, Chicagos grösstem Hochfrequenzhandelsunternehmen, über die Schaffung eines
Marktes gesprochen. Facebook will für den geplanten Stablecoin zunächst
Investitionskapital in Höhe von 1 Mrd. US-Dollar einsammeln. Facebook möchte so ein
Krypto-Zahlungssystem über einen Stable Coin in WhatsApp, Facebook Messenger und
Instagram integrieren.
Es ist auch wahrscheinlich, dass es
auf einer privaten, zentralisierten Blockchain läuft, die sich im Besitz und
unter der Kontrolle von Facebook befindet, sodass der GlobalCoin keinesfalls
vergleichbar mit Bitcoin, Ether oder anderen dezentralisierten
Kryptowährungen ist, berichtet Coinhero.
Regulierungsbehörden
sind kritisch: Kann Facebook mit Finanzen vertraut werden?
Die Regulierung könnte die grösste
Herausforderung für Facebook bei der Einführung einer eigenen Währung sein
wird, denn die Regulierungsbehörden werden den Start wahrscheinlich genauestens
prüfen. Der Ausschuss des US-Senats und des Bankensektors schrieb kürzlich
einen offenen Brief an Zuckerberg, in dem er nach Informationen über das Krypto-Projekt
fragte. Er fragte, wie die Währung funktionieren wird, welcher
Verbraucherschutz geboten wird und wie die Daten gesichert werden. Angesichts
der Skandale, in die Facebook in letzter Zeit mit Sicherheitsverletzungen und
breit angelegtem Datenmissbrauch konfrontiert war, scheint die Datenschutz-Frage
eine wichtige Rolle zu spielen. Das weltgrösste soziale Netzwerk mag bald seine
eigene virtuelle Währung haben, aber nach den Datenschutzverletzungen,
Sicherheitsverletzungen, Zensur und gefälschter Nachrichtenverbreitung könnten
die Menschen etwas kritischer sein, ob sie den GlobalCoin überhaupt verwenden
möchten.
Weitere Artikel zum Thema
04.06.2023 06:19:11