Ethereum-Netzwerk vor wegweisendem Systemwechsel
Montag, 12. September 2022Lesezeit: 4 Minuten
Bald ist es so weit: das wohl wichtigste Ethereum-Upgrade in der Geschichte der Kryptowährung steht an. Die Umstellung des Netzwerks, der so genannte «Merge», wird als wegweisender Schritt für die zukünftige Entwicklung angesehen. Durch die Umstellung vom Proof-of-Work zum Proof-of-Stake-System wird der Validierungsprozess von Transaktionen auf der Blockchain geändert. Die Ethereum Entwickler versprechen sich dadurch einen stark reduzierten Energiebedarf und zusätzliche Sicherheit sowie die Voraussetzung für die weitere Skalierbarkeit.
Schon seit Jahren ist bekannt, dass das Ethereum-Netzwerk einen grundlegenden Systemwechsel vollziehen wird. Einzig der genaue Zeitpunkt war bislang unbekannt. Immer wieder wurde der Wechsel verschoben, doch das Warten dürfte bald ein Ende haben, wie Ethereum Mitgründer Vitalik Buterin auf Twitter verlauten liess. Gemäss seinen Aussagen sollte der Vorgang, der als «Merge» bezeichnet wird, ungefähr Mitte September über die Bühne gehen.
Ether ist die Kryptowährung des Ethereum-Netzwerks und mit einer Marktkapitalisierung von über 200 Milliarden US-Dollar (Stand 12.09.2022, Coinmarketcap) die zweitgrösste Kryptowährung.
Hintergrund der Blockchain
Um die Auswirkungen und die Bedeutung des bevorstehenden Systemwechsels besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die Funktionsweise einer Blockchain zu werfen.
Blockchain – dezentraler Informationsaustausch
Wenn beispielsweise eine E-Mail verschickt oder eine Banktransaktion vorgenommen wird, werden die benötigten Informationen an einem zentralen Ort, wie einem Server, verarbeitet. Im Gegensatz dazu basiert eine Blockchain auf einem dezentralen Informationsaustausch. Eine Blockchain verzichtet also auf einen zentralen Austausch von Informationen und wickelt die Prozesse dezentral ab, indem Nutzer der Blockchain direkt miteinander kommunizieren.
Eine Blockchain ist im Grundprinzip eine dezentrale Datenbank. Dabei werden Informationsblöcke chronologisch in einer Kette verknüpft. Findet eine Blockchain-Transaktion zwischen Person A und Person B statt, so muss die Transaktion zuerst validiert werden. Verläuft die Validierung erfolgreich, wird die Transaktion (ein «Block») der Kette («Chain») angehängt. Danach wird die aktualisierte Liste im gesamten Netzwerk verteilt. Die Blöcke können nachträglich nicht geändert werden und jeder hat die Möglichkeit, diese Liste einsehen, weil diese öffentlich ist.
Ethereum wechselt auf Proof-of-Stake
Validierung mittels «Proof-of-Work»
Der Validierungsprozess nimmt in der Blockchain eine wichtige Rolle ein. Bisher wurde dieser Prozess im Ethereum-Netzwerk mit dem «Proof-of-Work-Algorithmus» (PoW) vollzogen. Bei diesem Modell müssen sogenannte «Miner» komplexe kryptografische Rechenaufgaben lösen, um neue Transaktionen zu bestätigen. Der Miner, der dies am schnellsten erledigen kann, erhält eine Belohnung in Form der Kryptowährung des Netzwerks. Allerdings erfordert diese Tätigkeit den Einsatz einer hohen Rechenleistung.
Validierung mittels «Proof-of-Stake»
Einen anderen Weg geht der «Proof-of-Stake Algorithmus» (PoS). Um die Möglichkeit zu haben, die Blockchain zu aktualisieren und neue Transaktionen zu validieren, müssen Teilnehmer die Kryptowährung des Netzwerkes hinterlegen. Dieser Schritt wird als «Staking» bezeichnet und schafft finanzielle Anreize für alle Netzwerkteilnehmer, sich ehrlich zu verhalten und die Sicherheit des Netzwerks aufrechtzuhalten.
Im Proof-of-Work System schützt die benötigte Rechenleistung vor Angriffen, während im Proof-of-Stake System die Hinterlegung von eigenen Vermögenswerten als Sicherheitsleistung dient.
Der «Merge» wird zu einer Zusammenführung der bisherigen Blockchain – der sog. Mainnet – mit der bereits existierenden und aktuell parallellaufenden Beacon Chain führen. Im Ergebnis wird nach dem «Merge» nur noch eine Kern-Blockchain verbleiben. Diese Umstellung sollte nach verbreiteter Ansicht keine Auswirkungen auf die der Blockchain zugrundeliegenden Kryptowährung, Ether, haben.
Was bewirkt der Wechsel?
Die bedeutendste Auswirkung des Systemwechsels dürfte den Energieverbrauch betreffen. Durch den Wegfall der intensiven Rechenleistung im Ethereum-Netzwerk soll der Energiebedarf stark zurückgehen. Die Ethereum-Stiftung beziffert den Rückgang auf ungefähr -99.95% (ethereum.org). Ethereums jährlicher Strombedarf lag bei ungefähr 112 TWh, was vergleichbar mit dem Stromverbrauch der Niederlande ist (Stand 30.08.2022). Der allgemeine Energiebedarf ist einer der grossen Kritikpunkte der Kryptobranche. Mit dem Wechsel soll sich die Umweltbilanz des Ethereum-Netzwerks erheblich verbessern.
Der Systemwechsel soll auch die Voraussetzung für weitere Verbesserungen des Netzwerks darstellen, die in zukünftigen «Upgrades» dazukommen sollen. Wichtige Themen sind die Skalierbarkeit und Sicherheit. Durch schnellere Transaktionsgeschwindigkeiten und niedrigere Transaktionsgebühren soll die Skalierbarkeit verbessert werden.
Was geschieht im Fall eines (Hard) Fork?
Dass ein Upgrade vorgenommen werden muss, ist bekannt. Und Ether ist damit auch längst nicht allein. Denn immer mehr Blockchains müssen aus den verschiedensten Gründen weiterentwickelt werden. Dabei kann es auch passieren, dass die Upgrades nicht auf derselben Blockchain weiterlaufen – sondern, dass sie sich abspalten. In diesem Fall spricht man von einem Fork – also einer Gabelung.
Dabei gilt es zwischen Hard Fork und Soft Fork zu unterscheiden. Nach der Implementierung eines Soft Fork arbeiten alte und neue Teilnehmer des Netzwerks, insbesondere Miner und andere Teilnehmer mit besonderer Überwachungs- oder Authorisierungsfunktion (sog. «Nodes») weiterhin zusammen. Somit können Nodes im Netzwerk mit unterschiedlichen Software-Versionen ohne Kompatibilitätsprobleme arbeiten.
Bei einem Hard Fork hingegen trennen sich alte und neue Teilnehmer – und es entstehen zwei verschiedene Blockchains. Sämtliche Nodes müssen ihre Software auf die neueste Version aktualisieren, um weiterhin mitwirken zu können. Die Inkompatibilität der Software-Versionen führt dazu, dass ein neues Netzwerk abgespalten wird, es wird gewissermassen gesplittet. Folglich operieren Nutzer, die sich für oder gegen das Update entscheiden, auf verschiedenen Blockchains.
Was bedeutet das für Anleger?
Durch die Zusammenführung der Blockchains im Zuge des «Merge» sollte nach aktuellem Kenntnisstand kein Handlungsbedarf für Anleger entstehen. Die technischen Anpassungen des Netzwerks betreffen lediglich die Anbieter und Mitglieder des Ethereum-Netzwerks sowie die Infrastrukturanbieter. Ether bleibt weiterhin die Kryptowährung des Ethereum-Netzwerks. Für Produkte bezogen auf Ether oder den Ether-Future kann dies allerdings bedeuten, dass es aufgrund der skizzierten Unklarheiten im Hinblick auf mögliche Risiken und Folgen des «Merge» gegebenenfalls zu Einschränkungen in der Handelbarkeit der Produkte kommen könnte.
Bei einem Hard Fork wäre Vontobel bestrebt sicherzustellen, dass alle Anleger in den Produkten vor und nach dem Anpassungsereignis wirtschaftlich gleichgestellt werden. Für eine solche Kontinuität müssen allerdings gewisse Voraussetzungen erfüllt sein etwa im Hinblick auf Absicherungsgeschäfte in der möglichen neuen Währung. So müsste diese etwa frei verfügbar und handelbar sein. Auch müsste gewährleistet sein, dass bestehende Wallets (virtuelle «Geldbörsen», über die die Coins der Kryptowährung verwaltet werden) konvertiert werden könnten bzw. mit den neuen Coins kompatibel wären und eine Verwaltung von Wallets mit der neuen Kryptowährung technisch möglich wäre.
Ob Vontobel als Emittent der Produkte Anpassungen an den Produkten vornehmen muss, um etwaige Auswirkungen des «Merge» auf den Basiswert der Produkte (Ether oder Ether-Future) angemessen zu berücksichtigen, lässt sich derzeit noch nicht abschliessend beurteilen. Sollte dies der Fall sein, werden Anleger über die jeweilige Produktseite weitere Informationen erhalten.
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