«Die kommenden zwei Jahrzehnte werden der Elektromobilität gehören.»

«Die kommenden zwei Jahrzehnte werden der Elektromobilität gehören.»

Donnerstag, 27. Mai 2021 von Stefan EppenbergerLesezeit: 2 Minuten

Stefan Eppenberger, Aktien­ und Rohstoff­-Stratege bei Vontobel, im Interview zum Electric Vehicle Index

Tesla ist an der Börse mehr wert als einige der grössten Automobilkonzerne zusammengenommen. Was macht den kalifonischen Elektrowagenbauer so erfolgreich?

Elon Musk hat früh die gewaltigen Fortschritte in der Batterietechnolo­gie und damit das enorme Potenzial von Elektroautos erkannt. Doch Musk hat ein Produkt geschaffen, das viel mehr ist als das erste Massenauto, das elektrisch angetrieben wird. So setzt Tesla auch in puncto Digitali­sierung neue Massstäbe in der Auto­mobilbranche. Der Kern seines Erfolgs liegt in der bedingungslosen Fokussierung auf das Kundenerleb­nis. Er hat dieses Erfolgsgeheimnis aus dem Silicon Valley in die Automo­bilbranche exportiert. Die Integration der gesamten Wertschöpfungskette war entscheidend dabei. Damit ver­schwand die Abhängigkeit von Zulieferern, während Entscheidungs­prozesse und Kostenvorteile optimiert werden konnten. Währenddessen sind Innovationen bei den grossen Autokonzernen aufgrund eingeroste­ter Strukturen weitgehend ausgeblie­ben. Ob dies rechtfertigt, dass Tesla mehr wert ist als alle bekannten «alten» Autofirmen zusammen, sei dahingestellt.

Noch bleiben die Elektroautoverkäufe weit hinter den Absätzen von Diesel-Autos und Benzinern zurück. Welche Faktoren sind entscheidend, dass der Wandel hin zu Elektrofahrzeugen schneller vollzogen wird?

Ein entscheidender Faktor ist die Politik. Nach aktuellen Prognosen werden spätestens in 16 Jahren mehr Elektro­fahrzeuge als Fahrzeuge mit Ver­brennungsmotoren verkauft. Das hört sich erst einmal nicht schlecht an. Doch das würde bedeuten, dass in 2037 nicht einmal ein Drittel der Fahrzeuge auf der Strasse elektrisch betrieben wird. Das würde den glo­balen CO2­Ausstoss bestenfalls ver­langsamen, aber nicht reduzieren. Mich würde es überraschen, wenn der politische Druck auf die Autoin­dustrie, jetzt auf eine nachhaltigere Fahrzeugflotte umzusteigen, nicht nochmals kräftig zunimmt.

Der zweite entscheidende Faktor ist der Fortschritt in der Batterietech­nologie. Elektrofahrzeuge müssen zukünftig eine Reichweite von min­destens 500 Kilometern ohne Nach­laden erreichen. Die Lebenserwartung der Batterien muss auf über zehn Jahre steigen. Das Aufladen oder der Austausch der Batterie sollte nicht wesentlich länger dauern als das Betanken eines Autos mit Verbren­nungsmotor. Gleichzeitig muss die Preisdeflation bei den Batterien wei­tergehen, damit der Anschaffungs­preis von Elektroautos wettbewerbs­fähiger wird. Ob all diese Fortschritte auf der Basis von derzeitigen Lithium-­Ionen­-Batterien erreicht werden oder ob Technologien wie Festkörper­batterien die Entwicklung noch ein­mal revolutionieren müssen, bleibt vorerst offen.

Welche Branchen ausserhalb der Elektrowagenbauer profitieren noch vom E-Boom?

Um diese Frage zu beantworten, schaut man sich am besten an, wie ein Elektroauto aufgebaut ist. Das Herzstück des Fahrzeugs ist die Bat­terie. Hier profitieren Batteriehersteller, aber auch die Produzenten derjenigen Metalle, welche für die zukünftigen Batteriemodelle gefragt sind. Vor allem Rohstoffunternehmen, die über grosse Mengen an Lithium­, Kobalt­ und Nickelreserven verfügen, dürften im Vorteil sein. Die zunehmende Elektrifizierung von Fahrzeu­gen dürfte auch den Kupferprodu­zenten zugutekommen. Elektroautos benötigen zudem eine viel grössere Menge an elektronischen Kompo­nenten, wovon Halbleiterunterneh­men profitieren werden. Schliesslich werden auch Unternehmen, welche sich beim Aufbau der Ladeinfrastruk­tur engagieren, stark wachsen.

Ist die Entscheidung zu Gunsten der batteriebetriebenen Elektroautos gefallen oder haben auch andere Technologien wie das Brennstoffzellenauto eine Chance, im Zuge der Mobilität der Zukunft eine Rolle zu spielen?

Zugegeben, Brennstoffzellenautos würden uns in puncto Nachhaltigkeit wahrscheinlich einen weiteren Schritt voranbringen. Aber die Technologie wird, wenn überhaupt, erst in mehr als zehn Jahren marktreif sein. Meh­rere Fahrzeughersteller haben in jüngster Zeit davon Abstand genom­men, in die Wasserstofftechnologie zu investieren. Meistens liegt das daran, dass die Unternehmen von den technologischen Fortschritten bei Elektroautos überrascht wurden. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Boom der Elektroautos unauf­haltsam ist. Die kommenden zwei Jahrzehnte werden der Elektromobi­lität gehören.

03.10.2023 20:12:55

 

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