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Bayer: Erfolgreiche Schadensbegrenzung

3. Juli 2020 | 3 Minuten
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Die Bayer AG hat einen aussergerichtlichen Vergleich im Rechtstreit mit Klägern gegen den angeblich krebserregenden Stoff Glyphosat ausgehandelt. Seitens der Führung zeigt man sich optimistisch, die Vorwürfe aus den USA nun hinter sich lassen zu können. Um die Kläger zufriedenzustellen, musste man tief in die Tasche greifen und kreative Wege beschreiten.

Erfolgreiche Schadensbegrenzung

Das Leverkusener Pharma-Unternehmen Bayer hat in den Rechtsstreitigkeiten um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat eine Einigung erzielt. Am Mittwoch konnte man sich mit den Klägern aus den USA auf einen aussergerichtlichen Vergleich verständigen. Bayer erklärte sich bereit, bis zu 9.6 Milliarden US-Dollar zu zahlen und die Summe von 1.25 Milliarden US-Dollar zurückstellen, um künftige Kläger bedienen zu können. «Der Vergleich ist der richtige Schritt zum richtigen Zeitpunkt, um eine lange Periode der Unsicherheit zu einem Ende zu bringen», sagte der Bayer-Vorstandsvorsitzende Werner Baumann. Durch den Vergleich erzielt Bayer eine Einigung mit rund dreiviertel der Kläger. Gänzlich auszuschliessen ist eine erneute Klage-Welle nicht, jedoch zeigte man sich seitens des Unternehmens zuversichtlich, nicht wieder mehr als 50'000 Klagen erhalten zu werden. Eine Einigung bei den restlichen 25 Prozent der Klagen strebt man innerhalb der nächsten zwölf Monate an. Für Bayer stellt der aussergerichtliche Vergleich, trotz der Rekordhöhe von rund zehn Milliarden Dollar, erfolgreiche Schadensbegrenzung dar. Zwar müsse man jetzt einen hohen Preis für die Einigung zahlen, dafür erspare man sich bis zu 20 Gerichtsprozesse im Jahr und vermeide die damit verbundene negative Darstellung in der Öffentlichkeit. «Wir sind uns sehr wohl der negativen Auswirkungen bewusst, die öffentlich wirksame Verfahren bereits auf unser Geschäft und unseren Ruf hatten», sagte Baumann. Bei Jahreshauptversammlungen ist er selbst oft die Zielscheibe des Ärgers von Aktionären und Aktivisten gewesen, die den 2018 getätigten Zukauf des Unternehmens Monsanto auf das schärfste kritisierten.

Rückblick: Bayer und Monsanto

Im Mai 2018 hatte Bayer die Übernahme vom US-Saatgutunternehmen Monsanto zu einem Preis von 66 Milliarden US-Dollar bekanntgegeben. Man zeigte sich zuversichtlich, in Monsanto einen Partner gefunden zu haben, um Lösungen für die Herausforderungen der Agrarindustrie zu entwickeln. Bayer rechnete damit, dass bis zum Jahr 2050 weltweit drei Milliarden Menschen mehr ernährt werden müssen. Gleichzeitig hindere die Klimaerwärmung die Landwirtschaft daran, ertragreich zu ernten, und die Grundversorgung an Nahrungsmitteln sicherzustellen.

Der innovative Charakter Monsantos, besonders in der Biotechnologie und in der Nutzung digitaler Techniken, waren die Hauptargumente für die Übernahme des US-Unternehmens. Den Vorteilen der Übernahme von Monsanto standen aber schon zu diesem Zeitpunkt kritische Stimmen aus Politik und Wirtschaft gegenüber. Neben den Gerüchten über ruppiges Geschäftsgebaren und Vorbehalten gegenüber dem Einsatz von Gentechnik und Pestiziden, sah Monsanto sich damals schon dem Vorwurf ausgesetzt, dass das von ihnen hergestellte Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, enthalten in dem Produkt Roundup, Lymphdrüsenkrebs bei Menschen verursache. Die EU hatte seinerzeit den Einsatz des umstrittenen Unkrautvernichters in Europa zugelassen. Der Bayer-Führung muss zu diesem Zeitpunkt schon klar gewesen sein, dass die Akquisition von Monsanto erheblichen Widerstand verursachen werde. Zum Übernahmezeitpunkt im Juni 2018 lagen aber vergleichsweise wenige Klagen gegen Monsanto vor. Bayer setzte in der Auseinandersetzung mit den Klägern auf eine harte Verteidigungsstrategie vor Gericht. Diese basierte auf unabhängigen Einstufungen der Zulassungsbehörden in den USA, Europa und Asien, die in Glyphosat keinen Auslöser für Krebserkrankungen sahen. Diese Strategie ging letztlich nicht auf. In Folge des verlorenen Prozesses verlor das Pharma-Unternehmen bis zu 50 Prozent seines Börsenwertes und zog den Zorn von Anlegern und Aktivisten auf sich. Mit dem gestern verhandelten Vergleich hofft man, das Kapitel nun endgültig schliessen zu können.

Wie geht es weiter mit Bayer?

Bei Bayer ist man nach wie vor davon überzeugt, dass Glyphosat nicht ursächlich für Lymphdrüsenkrebs ist. «Wir stehen weiterhin fest hinter dem Produkt und seiner Sicherheit. Es wird unverändert verfügbar bleiben, sowohl in der landwirtschaftlichen Nutzung als auch für Privatanwender», sagte Werner Baumann im Interview mit dem Handelsblatt. Somit darf der ausgehandelte Vergleich nicht als Schuldeingeständis gewertet werden, sondern stellt ein Instrument dar, um ein juristisches Thema loszuwerden. Um Ansprüche künftiger Kläger prüfen zu können, hat Bayer in Absprache mit den Anwälten der Kläger eine interessante Lösung gefunden. Eine unabhängige Expertenkommission soll darüber beraten, welche Risiken von Glyphosat tatsächlich ausgehen. Die Ergebnisse dieser Kommission werden darüber entscheiden, ob auch künftige Klagen gegen Bayer berechtigt sind. An diese Entscheidungen sind dann sowohl die Klägeranwälte als auch Bayer rechtlich gebunden. Die Finanzierung der hohen Kosten soll zum grössten Teil durch den Verkauf der Tiermedizinsparte gestemmt werden. Konkurrent Elanco hatte 7.6 Milliarden US-Dollar dafür bezahlt. Der Rest der Summe soll aus dem Cash-Flow der Bayer AG und der Ausgabe neuer Anleihen finanziert werden. Ob der Vergleich Bayer letztendlich die erhoffte Ruhe verschafft, wird die nähere Zukunft zeigen.

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