Auch Modekonzerne springen auf den E-Commerce-Zug auf
Montag, 24. Juni 2019Lesezeit: 6 Minuten
Die europäische Modebranche musste zuletzt mit einigen Herausforderungen fertig werden. Neben der Internetkonkurrenz machten den Unternehmen aus der Modeindustrie Textil-Discounter verstärkt zu schaffen. Hinzu kamen einige ungünstige Wetterentwicklungen, die die Kunden aus den Innenstädten fernhielten. Doch nun schlägt die Modebranche zurück und stellt sich auf die neuen Marktbedingungen ein, was auch für Anleger interessant sein könnte.
Eine neue Zeitrechnung in der Modeindustrie
Überall auf der Welt steht der Einzelhandel unter Druck. E-Commerce ist immer mehr auf dem Vormarsch. Doch dies ist längst nicht das einzige Problem, mit dem die europäische Modebranche zu kämpfen hat. Der internationale Modekalender funktionierte viele Jahre nach einem einfachen Muster. Im Rahmen der wichtigsten Fashion Weeks in New York, London, Paris oder Mailand wurden traditionell im September und Oktober die Frühlings- und Sommerkollektionen präsentiert, während im Februar und März die Herbst- und Winterkollektionen bewundert werden konnten. Das Problem dabei: Die langen Vorlaufzeiten für die jeweiligen Kollektionen nutzte nicht nur die Modebranche, um die Kollektionen rechtzeitig in den Handel zu bringen. Sie bescherten Produktpiraten viel Zeit und eine Gelegenheit. Aufgrund der langen Vorlaufzeit konnten Billigkopien sogar noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin auf den Markt gebracht werden. Ein grosses Problem für eine Industrie, die von einzigartigen Produkten lebt. Aus diesem Grund werden die Vorlaufzeiten immer häufiger verkürzt. Kleider, die Mode-Fans auf den Laufstegen dieser Welt bewundern konnten, gibt es in einigen Fällen bereits nur wenige Wochen später erstmals in den Schaufenstern zu sehen und zu kaufen. Allerdings sind Vorlaufzeiten und Billigkopien nicht die einzigen Herausforderungen, die die Modebranche bewältigen muss.
Den Unternehmen macht auch die Konkurrenz aus dem Internet zu schaffen. Kleidung, Schuhe und Accessoires werden immer häufiger im Internet gekauft. Dies wird immer mehr auch für die Innenstädte zum Problem, wenn sich Konsumenten sämtliche Waren einfach und bequem nach Hause liefern lassen können. Neben Amazon, Zalando, eBay & Co haben sich viele verschiedene spezielle Anbieter im Internet etabliert. Kunden können sich selbst im Netz individuell, zum Beispiel durch Austausch von Körpermassen oder Fotos, beraten lassen. Früher unvorstellbar. Ein Vorteil, den in der Vergangenheit nur der stationäre Handel hatte. Es ist jedoch nicht so, dass die traditionellen Modekonzerne diesen Trend nicht mitgehen würden. Hugo Boss, der französische Luxusgüterkonzern LVMH, H&M und andere ziehen ihr eigenes E-Commerce- Geschäft auf und profitieren bereits von den starken Wachstumsraten, die sich beim Warenverkauf über das Internet erzielen lassen. Die möglichen Nachholeffekte sorgen für weiteres Wachstumspotenzial. Einige Branchenvertreter haben es jedoch bereits jetzt sehr weit gebracht. Laut Berechnungen von ecommerceDB.com landete beispielsweise H&M mit der Seite hm.com im Jahr 2018 auf Platz vier der Top-Online-Shops für Mode nach Umsatz in Deutschland.
Textil-Discounter auf dem Vormarsch
Die europäischen Modehändler mussten sich in den vergangenen Jahren auf einen neuen Player einstellen. Inzwischen macht Primark die Innenstädte unsicher. Der Textil- Discounter hat seinen Sitz in der irischen Hauptstadt Dublin, gehört jedoch zum britischen Lebensmittelkonzern Associated British Foods (ABF). Das Unternehmen bietet in seinen Filialen Kleidung, Schuhe und Accessoires an. Auch Wohnbedarf und Kosmetik ist mit von der Partie. Besonders wichtig dabei: der Preis. Primark will als Discounter seine Waren besonders günstig anbieten. Allerdings ist man dabei längst nicht allein. Andere Textil- Discounter wie Kik, Takko oder Zeeman haben ebenfalls ein Wörtchen mitzureden. Vor allem in Deutschland mischen auch Lebensmittelriesen wie Aldi oder Lidl im niedrigen Preissegment im Textilbereich mit und erhöhen somit den Druck auf die traditionellen Mode-Marken zusätzlich.
Quelle: Statista.com; Hinweis: Frühere Wertentwicklungen und Simulationen stellen keinen zuverlässigen Indikator für die künftige Wertentwicklung dar.
Allerdings ist es nicht so, dass die Textil-Discounter ihrerseits nicht mit Problemen fertig werden müssten. Um ihre Waren besonders günstig anbieten zu können, werden diese in manchen Fällen unter umstrittenen Bedingungen in einigen ärmeren Schwellenländern hergestellt. Die weltweite Textilindustrie steht unter Druck, in den Herstellungsländern für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen und zum Beispiel die Kinderarbeit zu bekämpfen. In diesem Punkt können sich Premiumanbieter auszeichnen und darauf verweisen, dass der höhere Preis häufig auch besseren Arbeitsbedingungen oder der Einhaltung höherer Umweltstandards geschuldet ist.
Modebranche im Wandel
Für den kleinen Geldbeutel
In der europäischen Modeindustrie sind zwei echte Riesen zu finden, die auch weltweit in der Branche das Sagen haben. Inditex aus Spanien und der schwedische Modekonzern Hennes & Maritz (H&M). Mit seinen fast 7’500 Geschäften hat sich Inditex bei der Zahl der Filialen gegenüber H&M weltweit einen deutlichen Vorsprung herausgearbeitet. H&M kam zuletzt auf knapp 5’000 Filialen. Auch beim Jahresumsatz hatten die Schweden zuletzt das Nachsehen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erlöste Inditex mit seinen Marken Zara, Zara Home, Bershka, Massimo Dutti, Pull&Bear, Stradivarius, Oysho und Uterqüe 26.1 Mrd. Euro. H&M brachte es mit seinen Marken H&M, COS, Monki, & Other Stories, Weekday oder ARKET auf 210.4 Mrd. Schwedische Kronen (umgerechnet 19.5 Mrd. Euro). Beachtlich ist dabei der Umstand, dass beide Konzerne im Jahr 2007 ungefähr auf dem gleichen Umsatzniveau starteten, Inditex jedoch ein stärkeres Umsatzwachstum an den Tag legen konnte. In den vergangenen Jahren fiel Inditex mit einer wachsenden Zahl von Filialen auf. Auf diese Weise wurde das Wachstum vorangetrieben. Jetzt will das Management den Konzern immer mehr fit für das digitale Zeitalter machen.
Dieses Vorhaben kommt bereits sehr gut voran. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erlöste Inditex 3.2 Mrd. Euro im Internet. Damit war das Online-Geschäft für etwas mehr als 12 Prozent der konzernweiten Umsatzerlöse verantwortlich. Gleichzeitig wird aber auch in die bestehenden Läden investiert. Neben Neueröffnungen werden diese auf Vordermann gebracht, um das Einkaufserlebnis für Kunden zu steigern. Auch H&M baut sein Internetgeschäft aus. Zuletzt konnte H&M in Indien Verträge abschliessen, die H&M-Mode auf die E-Commerce-Plattformen Myntra und Jabong zu bringen. Der H&M-Store und die entsprechende App wurden indischen Kunden bereits 2018 zugänglich gemacht. Ende April 2019 war das Unternehmen in 48 Märkten mit einem Online-Store vertreten. Am 25. April kam der mexikanische Markt hinzu. Er dürfte nicht der letzte gewesen sein. In dieses Bild passt auch die Aufgabe des Kataloggeschäfts. Seit 1980 hatte es einen H&M-Katalog gegeben. Zuletzt wurde er in sechs der 72 H&MMärkte gedruckt. Am 29. April 2019 erschien die letzte Ausgabe. Damit reagiert der Konzern nicht nur auf ein verändertes Kundenverhalten und das wachsende E-Commerce- Geschäft, sondern tut auch etwas für die Umwelt.
Premiumsegment und Luxusgüter
Inditex und H&M bewegen sich eher im mittleren bis niedrigen Preissegment, im höherpreisigen Segment schien es zuletzt etwas einfacher, die schwierige Marktsituation in der europäischen Modebranche durchzustehen. Allerdings setzt man auch bei Luxus- und Premiummarken immer mehr auf den Internetverkauf. Allen voran der weltweite Marktführer im Bereich Luxusgüterartikel LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton. Der französische Konzern hat vor einigen Jahren sogar den Manager Ian Rogers von Apple geholt und ihn zum ersten Chief Digital Officer des Unternehmens gemacht. LVMH profitiert derzeit jedoch nicht nur davon, dass die digitale Strategie vorangetrieben wird. Die Geschäfte werden vor allem von der Kauflust der Chinesen beflügelt.
In den kommenden Jahren soll der Anteil des Asien-Geschäfts an den gesamten Erlösen zulegen. Besonders stark wachsen konnte LVMH zu Beginn dieses Jahres in dem nach Umsätzen wichtigsten Bereich, Mode und Lederwaren. Dort sind Marken wie Louis Vuitton, Christian Dior, Fendi, Céline, Givenchy, Loewe, Kenzo, Berluti oder Rimowa zu finden. Im ersten Quartal 2019 wurde in dieser Sparte ein Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr um 20 Prozent auf 5.1 Mrd. Euro erzielt. Konzernweit kletterten die Erlöse im Auftaktquartal um 16 Prozent auf 12.5 Mrd. Euro.
Auch der deutsche Modekonzern Hugo Boss treibt seine E-Commerce-Strategie unbeirrt voran. Sie ist Teil eines Restrukturierungsprogramms, das notwendig geworden war, nachdem das Unternehmen im Zuge einer zu schnellen Expansion in einigen Märkten sowie eines schwierigen Branchenumfeldes in Deutschland mit Problemen zu kämpfen hatte. Im Rahmen der Berichterstattung zum ersten Quartal 2019 konnte Vorstandschef Mark Langer verkünden: «Die anhaltende Dynamik in unserem strategischen Wachstumsmarkt China sowie im wichtigen Online-Geschäft zeigt, dass unsere Strategie greift. »
Günstiger Einstiegszeitpunkt?
Die europäische Modebranche hat eine schwierige Zeit durchgemacht. Die Branchenvertreter sind zudem noch längst nicht aus dem Gröbsten raus. Das bedeutet aber auch, dass ihre Aktien aufgrund einer schwächeren Kursperformance relativ günstig zu haben sind. Ausserdem haben die Modeunternehmen viele der Probleme rechtzeitig erkannt und steuern nun dagegen. Zum Beispiel mit eigenen wachstumsstärkenden E-Commerce-Sparten. Anleger könnten von den Entwicklungen in der Branche potenziell profitieren.
Glauben Sie als Investor an eine Erholung der europäischen Modebranche, eine anhaltend starke Nachfrage nach Luxusgütern in Asien, insbesondere auf dem chinesischen Markt, und einen Erfolg der neuen Online-Strategie vieler Modeunternehmen? Dann könnten verschiedene Barrier Reverse Convertibles auf ausgewählte Unternehmen, die im Bereich Mode und Luxusgüter treibend sind, eine interessante Anlagemöglichkeit darstellen. Sie könnten Investoren, die während der Produktlaufzeit mit einer Seitwärts- oder nur leichten Aufwärtsbewegung rechnen, Kursrückschläge bis zur Barriere aber nicht ausschliessen können, eine interessante Investitionsmöglichkeit bieten. Barrier Reverse Convertibles bieten einen festgelegten Coupon, der unabhängig von der Wertentwicklung des Basiswerts ausgezahlt wird. Es gilt zu beachten, dass Anleger im Falle eines Barriere-Ereignisses der Entwicklung des (schwächsten) Basiswertes ausgesetzt sind – es besteht das Risiko eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals. Der Anleger trägt das Ausfallrisiko des Emittenten.
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06.06.2023 10:59:14